Ich bin introvertiert - und nicht gut genug?

Fühlst du dich als introvertierter Mensch nicht gut genug? Mit diesem Gefühl bist du nicht allein. Ich zeige dir warum.

Fühlst du dich als introvertierter Mensch nicht gut genug?

Fühlst du dich als introvertierter Mensch nicht gut genug? Mit diesem Gefühl bist du nicht allein. Ich zeige dir warum.

Ist deine Zeit auf der Arbeit oder dein Alltag manchmal auch so?

  • Deine Kolleg*innen sagen laut und deutlich ihre Meinung.

  • Der Handwerker, der Zuhause etwas bei dir repariert, scheint nicht auf dich zu hören.

  • Im Freundeskreis scheinst du die kleinsten und belanglosesten Geschichten zu erzählen – Nachfragen gibt es keine.

Ich könnte die Liste mit weiteren Alltags- und Arbeitssituationen fortführen oder von meine eigenen Nicht-Gut-Genug-Gefühle als Selbstständige beschreiben: 

  • Derzeit gefühlt kaum erfolgreich. 

  • Statt zu wachsen und mehr Umsatz zu machen trete ich auf der Stelle. 

  • Anfang des Jahres habe ich zwei Kund*innen verloren.

All das ändert aber nichts an den Gefühlen. Diese als Introvertierte*r mit sich tagein tagaus herumzutragen ist eine Last. Darüber müssen wir, glaube ich, nicht diskutieren.

Statt deine und meine Situation zu bejammern – dafür hatte ich jetzt kurz die Einleitung ;-) – möchte ich lieber mit dir gemeinsam herausfinden, warum wir als introvertierte Menschen überhaupt die Neigung zum Nicht-Gut-Genug-Gefühl haben. Am Ende teile ich mit dir meine Strategien, mit denen ich aktiv an der Überwindung dieser Gefühle arbeite.

Das Gefühl, nicht gut genug zu sein - bei Introvertierten

Für viele von uns Introvertierten ist das Gefühl, nicht gut genug zu sein, leider keine Seltenheit. Beinahe hätte ich geschrieben “leider eine Gewohnheit”. An manchen Tagen fühlt es sich zumindest so an.

Warum beschäftigt uns dieses negative Gefühl so sehr? Vielleicht, weil wir dazu neigen, Bestätigung in uns selbst zu suchen. Das führt oft dazu, dass wir zu streng mit uns sind.

Introvertierte Menschen und die Wertschätzung von außen

Was könnten weitere Gründe dafür sein, dass Introvertierte für das Gefühl, nicht gut genug zu sein, so anfällig sind? Es ist kein Geheimnis, dass die Breite der Gesellschaft extrovertierte Eigenschaften bevorzugt. Dazu zählen geselliges Auftreten und ständige Interaktion.

Im Gegensatz dazu stehen introvertierte Eigenschaften wie Zurückhaltung und Nachdenken, die oft übersehen oder unterschätzt werden. Das verstärkt deine und meine Gefühle als introvertierte Menschen, nicht wertgeschätzt oder akzeptiert zu werden.

Was dann passieren kann, kennst du genauso gut wie ich – die Vorstellung ist schon unangenehm und doch so vertraut. Ganz tief in uns drin entsteht ein Gefühl der Wertlosigkeit und Geringschätzung.

Springen wir lieber zum nächsten Grund, bevor wir uns beide noch düsterer fühlen. Ich weiß, es ist mal wieder kein schönes Thema, aber ich bin davon überzeugt, dass es wichtig ist, darüber zu schreiben.

Im Gegensatz dazu stehen introvertierte Eigenschaften wie Zurückhaltung und Nachdenken, die oft übersehen oder unterschätzt werden. Das verstärkt deine und meine Gefühle als introvertierte Menschen, nicht wertgeschätzt oder akzeptiert zu werden.
— Steffi

Perfekt ist für Introvertierte oft nicht perfekt genug

Der Perfektionismus, dem viele von uns Introvertierten ebenfalls unterliegen, verstärkt das zuvor beschriebene Gefühl. Ob Aufgabe in der Arbeit oder im Haushalt im Alltag: es ist nichts gut genug, bevor es nicht perfekt ist.

Wehe, es kommt nicht genau das Ergebnis heraus, das wir uns vorgestellt haben. Dann knallt es. Nicht aufgrund des Vorgesetzten oder des Partners. Unsere inneren Kritiker sind mit Abstand die Besten – oder eben die Schlechtesten – darin, du und mich zu kritisieren und äußerst unrealistische Maßstäbe anzulegen.

Was passiert dann? Du und ich konfrontieren uns ständig mit unserem eigenen vermeintlichen Versagen.

Wollen wir dem ganzen Drama noch eins drauf setzen?

Introvertierte Menschen und die Vergleicheritis

Warum kommt mein*e Kolleg*in damit besser klar als ich? Warum bin ich noch nicht so weit in meiner Selbstständigkeit, wie Selbstständige*r XYZ? Soll ich weitermachen?

Über das Thema “vergleichen” habe ich mich schon einmal im Detail ausgelassen – kannst du gerne hier nachlesen.

Hier nur in Kurzform:

 

Mit Vergleicheritis meine ich die Momente, in denen du dich beispielsweise mit deinen extrovertierten Kolleg*innen oder Freund*innen vergleichst.

Wie sehr hat es dich schon aufgeregt, dass sie in sozialen Situationen scheinbar mühelos brillieren? Dagegen fühlen sich introvertierte Menschen häufig tollpatschig und unsicher in der eigenen Haut.

In diesen Momenten kommen Gedanken wie “Wäre ich doch nur Zuhause geblieben.” oder “Hätte ich mal besser nichts gesagt.”

 

Social Media: Manchmal die Intro-Hölle auf Erden

Nicht zuletzt tragen auch die sozialen Medien zum Nicht-Gut-Genug-Gefühl bei. Denn sie wecken in vielen Menschen – nicht nur Introvertierten – unrealistische Erwartungen. Das Social Web verzerrt die Realität. Alles, was zu zählen scheint, sind Erfolge und Glück – und die ekelhafte Business-Frauen-Farbe Rosa.

Die ständige Präsenz von makellosen Bildern und scheinbar perfekten Lebensstilen kann bei dir und mir das Gefühl der Minderwertigkeit verstärken. Das eigene Leben ist im Vergleich zu dem ganzen übertriebenen Bling-Bling nicht gut genug, kaum lebenswert und überhaupt kein bisschen rosig.

Warum kannst du das nicht haben? Einfache Antwort: Weil du dich und dein Leben an einer gefakten Realität misst. Solche unrealistischen Standards sind kein Maßstab! Kein Wunder, dass du und ich das Gefühl haben, nicht mithalten zu können.

Lasst uns für den Rest des Textes besser das Smartphone ausschalten. Liest du den Beitrag auf deinem Laptop oder Tablet? Dann stelle doch die Mitteilungen deiner Social-Media-Profile aus. ;-)

Warum kannst du das nicht haben? Einfache Antwort: Weil du dich und dein Leben an einer gefakten Realität misst. Solche unrealistischen Standards sind kein Maßstab! Kein Wunder, dass du und ich das Gefühl haben, nicht mithalten zu können.
— Steffi

Warum Introvertierte ihre Gefühle nur schwer ausdrücken können

Wie leicht und wunderbar wäre es, all diesen Ballast abzuladen? Einfach raus damit und weitermachen mit dem Leben. Es gibt schließlich schönere Dinge und Erlebnisse, als andauernd den Nicht-Gut-Genug-Gefühlen nachhängen. 

Es ist vollkommen okay, wenn du damit zu kämpfen hast, deine Gefühle auszudrücken.

Mit unserer zurückhaltenden Art und Neigung, Dinge intern zu verarbeiten, machen wir es uns alles andere als leicht. Außerdem fällt es uns extrem schwer, uns gegenüber anderen zu öffnen.

Du und ich sind also die menschliche Inkarnation von Zurückhaltung. Wir sind zwar gerne alleine und verbringen gerne Zeit mit uns selbst, doch in Kombination mit Nicht-Gut-Genug-Gefühlen verwandelt sich das schöne Gefühl des Einigelns in ein Gefühl der Isolation.

 

Wichtig: Es ist ganz normal und okay, wenn es dir Schwierigkeiten bereitet, deine Gefühle auszudrücken. Ich tue mir damit nach wie vor schwer. Habe Geduld. Nimm dir die Zeit. Übe das Sprechen über Gefühle. Im Laufe der Zeit wird es besser.

 

Du musst auch nicht gleich anfangen, mit anderen Menschen darüber zu reden. Suche dir eine für dich passende Ausdrucksform: Stelle deine Gefühle in Bildern dar oder schreibe darüber. Du hast enge Vertraute oder Familienmitglieder? Dann vertraue dich ihnen an – wenn du dich gut bei ihnen aufgehoben fühlst.

Im nächsten Abschnitt geht es um ein paar Strategien, die du nutzen kannst, um an deinem Nicht-Gut-Genug-Gefühl zu arbeiten.

Strategien für einen leichteren Umgang mit Nicht-Gut-Genug-Gefühlen

Es ist ganz normal, sich manchmal nicht gut genug zu fühlen. In solchen Momenten können dir vielleicht die folgenden Strategien helfen, mit diesen Gefühlen besser umzugehen. Ich habe sie auch schon ausprobiert. ;-)

1. Positive Selbstbestätigung

Beginne damit, dir Komplimente zu geben und ermutigende Selbstgespräche zu führen. Diese kleinen Gesten helfen dir dabei, negative Selbstwahrnehmungen zu überwinden und das Selbstvertrauen zu stärken.

Im (Berufs-)Alltag:
Ich habe ein kleines Dankbarkeitstagebuch, in dem ich jeden Tag fünf Dinge notiere, für die ich dankbar bin. Bist du selbstständig? Bist du Angestellte*r? Dann erstelle dir einen Ordner in deinem E-Mail-Postfach. Hier speicherst du Lob und positive E-Mails deiner Kund*innen. Wirf einen Blick rein, wenn es für dich gefühlt, mal wieder weniger gut läuft.

2. Setze realistische Erwartungen

Arbeite daran, dich selbst nicht mit unrealistischen Ansprüchen zu überfordern. Indem du deine Ziele auf ein erreichbares Maß reduzierst und dir erlaubst, Mensch zu sein, kannst du Druck abbauen und ein gesundes Selbstbild aufbauen.

Im (Berufs-)Alltag:
Klar, ich habe Business-Ziele, die ich gerne erreichen möchte. Aber diese sind nicht in Stein gemeißelt – aufgrund der in der Einleitung erwähnten Steine im Weg ohnehin Quatsch. Darum setze ich mir für meine Wochen und Monate kleine Ziele, die ich auch leicht erreichen kann. Eine kleine und überschaubare To-do-Liste reicht manchmal als Ziel einfach aus. Du musst nicht immer nach den Sternen greifen. ;-)

3. Übe Mitgefühl - mit dir selbst

Lerne, dir selbst Gutes zu tun. Erkenne deine Stärken und Schwächen als Teil deines Menschseins an. Auf Deutsch: Lebe auch nach dem Prinzip “Nobody’s perfect”. Im Laufe der Zeit hilft dir Mitgefühl mit dir selbst dabei, eine gute und wohlwollende Beziehung zu dir selbst aufzubauen. Die positive Beziehung zu dir selbst greift dir in schwierigen Zeiten unter die Arme und du kannst diese Momente leichter überstehen.

Im (Berufs-)Alltag:
Ist etwas nicht perfekt gelaufen? Hier und da hast du kleinere Fehler gemacht? Halb so schlimm. Denn das Ergebnis überzeugt. Meine Selbstständigkeit ist ein Teil meines Lebens – und ich liebe diesen Teil so sehr, wie er mich aufregt. Das heißt aber nicht, dass ich meinen Selbstwert als Person daran aufhänge. Meine Selbstständigkeit ist nur eine von vielen meiner Facetten. Wenn ich das anerkenne, fällt es mir leichter, loszulassen. Das verbessert automatisch mein Mitgefühl mit mir selbst.

4. Arbeite an deiner Kommunikationsfähigkeit

Wenn du besser kommunizieren kannst, hast du die Möglichkeit, deine Gefühle besser auszudrücken. Du vermeidest Missverständnisse. Suche dir dafür vertrauenswürdige Freunde oder Familienmitglieder. Teile mit ihnen deine Gedanken, ohne Angst vor Verurteilung zu haben. Eine offene und ehrliche Kommunikation kann dazu beitragen, deine Gefühle zu validieren und dir neue Perspektiven auf deine Situation zu eröffnen.

Im (Berufs-)Alltag:
Wenn ich nicht regelmäßig mit meinem Partner kommuniziere, werde ich hibbelig. Es staut sich etwas an. Ehe ich mich versehe, platzt es aus mir heraus. Manchmal leise, manchmal laut. Begleitet von der einen oder anderen Träne. Was ich dagegen tue? Ich setze mich mit Christian mindestens einmal die Woche an den Esstisch – oder kuschelnd mit den Katern aufs Sofa. Gemeinsam tauschen wir uns einfach aus – über Gedanken, Erlebnisse oder einfach nur Gefühle.

Fazit: Nicht-Gut-Genug-Gefühle gehören in die Tonne

Als introvertierter Mensch hast du vielleicht das Gefühl, nicht ganz in diese laute und oft extrovertierte Welt zu passen. Das Gefühl habe ich hin und wieder, wenn ich mich im Business-Netzwerk LinkedIn bewege – manchmal ein richtiger Zirkus. ;-)

Du tust dir mit den Nicht-Gut-Genug-Gefühlen leichter, wenn du an deiner Selbstakzeptanz und deinen Selbstwertgefühlen kontinuierlich arbeitest.

Es ist wunderbar, anders zu sein. Du  und jede andere Person auf diesem Planeten – ja, auch Extro-Tierchen – unabhängig von seiner oder ihrer Persönlichkeit, besitzt einen einzigartigen Wert. Nein, das hängt nicht von der Zahl deiner Social-Media-Follower ab.

Arbeite daran, deine introvertierten Eigenschaften zu akzeptieren. Umarme sie. Liebe sie, wenn du kannst. Wenn du sie wertschätzen lernst, kannst du leichter mit deinen Nicht-Gut-Genug-Gefühlen umgehen und entwickelst ein tieferes Verständnis über dich selbst.

Irgendwann früher oder ein klein wenig später wirst du so ein sinnerfülltes und unverfälschtes Leben führen – DEIN Leben.
— Steffi
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