Warum dich das Vergleichen auch als introvertierter Mensch nicht weiterbringt

Manchmal schleicht sich dann aber auch eine unliebsame Macke ein, die wir alle haben: Das Vergleichen.

Manchmal schleicht sich dann aber auch eine unliebsame Macke ein, die wir alle haben: Das Vergleichen.

Wow-Momente feiere ich vor allem beim Netzwerken, wenn ich Menschen kennenlerne, die über ihre Erfahrungen und ihr Leben erzählen. Manchmal schleicht sich dann aber auch eine unliebsame Macke ein, die wir alle haben: Das Vergleichen. Dabei ist doch jeder Lebenslauf, jede Macke und Makel anders. Und etwas Besonderes.

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Sich mit dem Gegenüber vergleichen

“Wow!” — Das denke ich mir zumindest oft, wenn ich anderen Leuten an den Lippen hänge. Warum? Weil das meistens Menschen sind, die eine wahnsinnige beeindruckende Geschichte zu erzählen haben. Andererseits höre ich Menschen auch einfach gerne zu — egal, wie spannend oder normal der Lebenslauf sein mag. Typisch introvertiert eben. ;-)

Doch wenn ich dann so vor dir, einer extrovertierten anderen Person sitze oder stehe, passiert manchmal etwas. Etwas, das mittlerweile total normal ist, weil es jeder von uns schon mal getan hat oder tut: Sich mit dem Gegenüber vergleichen.

Es ist unangenehm. Es zieht dich runter. Und du beginnst an dir zu zweifeln, obwohl du einen Augenblick zuvor überzeugt von dir selbst warst.
— Stephanie Kowalski

Warum wir uns mit anderen Menschen vergleichen, warum du damit aufhören solltest, was du stattdessen machen kannst und wie ich für mich einen Weg gefunden habe, damit umzugehen, erfährst du in den nächsten Zeilen.

Vergleichen: Woher kommt das eigentlich?

Wir tun es ständig. Und richtig aufhören werden wir vielleicht auch nie damit. Doch wie du sicherlich schon selbst festgestellt hast: Beim Vergleichen geht es weniger um dein Gegenüber, sondern um dich.

Du willst herausfinden, wo du stehst. Du willst dir ein möglichst realistisches Bild von deinem Selbst machen.

Bist du besser oder schlechter als der Durchschnitt? Gehöre ich weiter oben oder weiter unten in die Rangordnung? Diese und andere Fragen gehen einem gerne durch den Kopf.

Das ist vollkommen normal, denn für unseren Verstand machen viele Dinge und Zusammenhänge erst Sinn, wenn wir sie in Beziehung zu einer bestimmten Bezugsgröße setzen können.

Du vergleichst dich nicht nur auf eine Art und Weise. Laut dem Psychologen Leon Festinger und seiner “Theorie des sozialen Vergleichs” gibt es drei verschiedene Vergleichs-Methoden:

  • Beim sog. “Abwärtsvergleich” fühlst du dich voller Hoffnung und stark. Denn hier vergleichst du dich mit Menschen, von denen du denkst, dass sie dir unterlegen sind — oder denen es schlechter geht. Klar, dass sich dann unser Selbstwertgefühl gerne auf die eigene Schulter klopft.

  • Beim “Aufwärtsvergleich” ist es genau anders herum: Denn dann vergleichst du dich mit Menschen, die scheinbar klüger, schöner, reicher oder glücklicher sind als du. Ich hab oft den Eindruck, dass wir uns den Großteil der Zeit mit dem Aufwärtsvergleich beschäftigen — was nicht zuletzt auch an Social Media liegen kann. Das Schlimmste an dieser Vergleichsart ist allerdings, dass diese Art unsere Gedanken- und Gefühlswelt und auch unser eigenes Selbstbewusstsein und die Körperwahrnehmung sehr stark negativ beeinflusst.

  • Wir vergleichen uns aber auch mit Menschen, denen es ähnlich geht. Diese Art von Vergleich nennt Leon Festinger “Horizontalvergleich”. Diese Leute können Freunde, Familie oder Verwandte sein. Von hier aus rutschen wir gerne in den Abwärts- oder Aufwärtsvergleich rein.

Muss das Vergleichen deswegen immer etwas Schlechtes sein? Es beginnt bereits in den Kinderschuhen damit, dass wir uns Fähigkeiten und die ganz einfachen Dinge von anderen Menschen abschauen. Als Teenager himmeln wir Stars und Sternchen an, imitieren aber auch deren Choreografien oder verrückten Outfits. Als Erwachsene sind wir von Menschen beeindruckt und lassen uns von ihnen inspirieren. Denn ihre Eigenschaften und Fähigkeiten empfinden wir mehr als erstrebenswert.

Das Vergleichen muss auch als introvertierter Mensch nicht sein

Ja, im Leben eines introvertierten Menschen kommt es (oft) vor, dass wir uns wünschen, extrovertierter zu sein.

Wie wir jetzt wissen, begehen wir in diesen Situationen den Fehler, mit dem Aufwärtsvergleichen anzufangen: Wir wünschen uns die Aufmerksamkeit und Anerkennung, die extrovertierte Menschen mit ihrer (natürlich lauten) Art und Weise erzielen.

Du kannst versuchen, dir diese Verhaltensweisen anzueignen — ich hab das auch unzählige Male versucht -.-”.

Aber langfristig wirst du damit nicht glücklich werden, da extrovertiertes Verhalten nicht oder nur wenig deiner introvertierten Natur entspricht.

Auch dein Umfeld wird merken, dass du dich verstellst und vorgibst, jemand anderes zu sein.

Ist es nicht schöner, wegen deines analytischen Denkens, deiner Nachdenklichkeit oder deiner Fähigkeit, gut zuhören zu können, von anderen Menschen als introvertierte Person geschätzt zu werden?

Ich hab mehrere Jahre gebraucht, um meine Stärken zu verstehen und zu verbessern — das tue ich bis heute ;-). Da ich aber auch zu meiner Introversion stehe — dafür hab ich auch sehr lange gebraucht — verstehen und akzeptieren mich viele — nicht alle — Menschen.
— Stephanie Kowalski

Wie ich mit der Vergleichs-Krankheit umgehe …

Ein gewisses Mass zu finden, ist sicherlich der beste Weg, um das Vergleichen so gut es geht zu vermeiden. Wie das in der Praxis aussieht? Ich versuche mit von meinen Mitmenschen oder Gesprächspartnern inspirieren zu lassen — so wie es zum Beispiel beim #BavariaMeetsNRW der Fall war — und nicht mich mit ihnen zu vergleichen.

Denn wie am gestrigen Abend bei OliverWyman in Düsseldorf hätte ich die Geschichten vieler toller Menschen verpasst, wenn ich mich ständig in Gedanken mit den dort anwesenden Frauen und Herren verglichen hätte.
— Stephanie Kowalski

Stattdessen haben mich die Teilnehmer mit ihren Geschichten, ihren Mut, Ehrgeiz und ihrer Persönlichkeit motiviert.

Stattdessen haben mich die Teilnehmer mit ihren Geschichten, ihren Mut, Ehrgeiz und ihrer Persönlichkeit motiviert.

Und mir kam zwischenzeitlich buchstäblich der Gedanke: “Wenn ich groß bin, möchte ich auch so sein!”

Wobei mir der Gedanke hier und da beim Netzwerken öfter passiert.

Denn, wenn man das Vergleichen außer acht lässt, gibt es so viele beeindruckende Menschen, Erfahrungen und Geschichten, denen du lauschen und von denen du lernen kannst.

Und wenn es doch einmal einen Moment gibt, bei dem mich das Vergleichen überkommt, versuche ich mit den folgenden Gedanken gegenzusteuern:

  • Eigentlich kannst du dich niemals komplett mit jemand anderes vergleichen. Du bist anders aufgewachsen, hattest eine andere Erziehung, andere Beziehungen und Schicksalsschläge. Dank dieser Gegebenheiten hast du individuelle Stärken und Fähigkeiten. Du bist einzigartig, ich bin einzigartig und dein Gegenüber auch.

  • Das Leben anderer Menschen, das wir in den Medien oder auf Social Media beobachten, ist meistens auf Hochglanz poliert. Heißt: Wir sehen nur die Oberfläche. Wir erfahren nur selten, welche Arbeit hinter einer Reise oder einem Erfolg tatsächlich steht. Das, was wir in TV und in den sozialen Netzwerken sehen entspricht nicht immer der Realität. Wir sehen, was wir sehen wollen.

  • Meine Vorbilder sind keine Stars oder Sternchen. Vielmehr sind es Menschen, die ihr ganzes Leben hart gearbeitet oder für bestimmte Dinge eingestanden und gekämpft haben. Keine Leute, mit denen ich mich vergleichen kann, da ihr Leben so radikal anders als mein eigenes Leben verlaufen ist. Aber ich kann jede Menge aus ihren Erfahrungen lernen.

  • Netzwerken ist anstrengend — ja, aber das muss nicht so sein. Nicht, wenn du systematisch also mit einem Schlachtplan vorgehst. Wie das geht, kannst du in diversen Büchern oder Beiträgen nachlesen. ;-) Ich bin kein Experte. Doch lernen musste ich am Anfang viel. Der Umgang mit Menschen ist komplex. Der eine oder andere Fauxpas passiert mir auch heute noch. Auf Veranstaltungen, Konferenzen, Seminaren oder in den sozialen Netzwerken begegnest du aber immer Menschen. Und niemand, wirklich niemand will dir den Kopf abreißen. Netzwerken bedeutet für introvertierte Menschen auch, aus der eigenen Komfortzone herauszukommen. Lass Aufwärts-, Abwärts- und Horizontalvergleich beiseite und konzentriere dich auf die Person vor deiner Nase. Du musst nicht immer etwas sagen. Zuhören ist auch vollkommen okay. Und dabei kannst du auch schnell das Vergleichen vergessen. ;-)

Lass Aufwärts-, Abwärts- und Horizontalvergleich beiseite und konzentriere dich auf die Person vor deiner Nase.
— Stephanie Kowalski

… und was du stattdessen machen kannst

Vergleichen kann dich lähmen. Sich davon zu verabschieden, ist leichter gesagt als getan. Was kannst du stattdessen tun?

Egal, ob im Alltag oder im Berufsleben, wir vergleichen uns oft fast schon unbewusst. Wenn du die Gewohnheit aber loswerden musst, musst du dir diese Situationen bewusst machen. Dich täglich zu fragen, ob du an diesem Tag schon einen Vergleich mit einer anderen Person gemacht hast, kann dir helfen achtsamer zu werden.

Darauf aufbauend kannst du dich fragen, warum du dich mit einer bestimmten Person verglichen hast. Um welche Art von Vergleich handelt es sich dabei? Was beschäftigt dich gerade persönlich? Was willst du an dir ändern?

Du hast die Ursache gefunden? Ab diesem Punkt kannst du versuchen, an deiner Einstellung zu arbeiten.

Statt andere Menschen zu beneiden, kannst du dich fragen, was du tun kannst, um besser zu werden oder dich besser zu fühlen. Denke also nicht zu lange über das Problem oder den Vergleich nach, sondern suche lieber nach einer Lösung.

Stars und Sternchen nutzen oft extreme Methoden, um besonders erfolgreich zu sein oder besonders gut auszusehen. Versuch hinter die Fassade zu schauen und herauszufinden wie viel Aufwand hinter der Wirkung, dem Foto oder dem Erfolg steckt. Und dann überlege, ob du diese Opfer auch wirklich bringen willst / kannst.

Die Person, mit der du dich am ehesten vergleichen solltest? Das solltest du selbst sein. Vergleiche deine derzeitige Situation mit deiner Situation in der Vergangenheit. Hast du dich weiterentwickelt? Gibt es Probleme, die du schon einmal gelöst hast? Wie zufrieden bist du mit dir heute im Vergleich zu früher?

Wenn du dich ständig mit anderen Menschen vergleichst, lässt du das allerwichtigste außer Acht: Dein eigenes glückliches und erfülltes Leben. Ansonsten überlege, was du an deinem Leben verändern oder besser machen kannst, damit du dich wieder besser fühlst. Negative Gedanken — die auch durch das Vergleichen entstehen — rauben dir die Energie, die du eigentlich dafür brauchst, um dich zu verbessern, weiterzuentwickeln oder glücklicher zu sein.

Die Person, mit der du dich am ehesten vergleichen solltest? Das solltest du selbst sein.
— Stephanie Kowalski

Vergleichen ist schlecht — Netzwerken und Vorbilder haben ist besser

Mich bringen inspirierende Geschichten und Vorbilder weiter, die mich motivieren, an mir selbst zu arbeiten. Ihnen nachzueifern wäre unmöglich, da sie einen ganz anderen Lebensweg beschreiten als ich.

Das hat mir auch das #BavariaMeetsNRW gezeigt: Ich bin keine Vera Schneevoigt, keine Andrea Steverding oder ein Frank Behrendt.

Ich bin introvertiert, gerne kreativ und habe das Glück, den Spaß und das Vergnügen, mich ab und zu mit solchen tollen Menschen austauschen zu dürfen/ zu können.

Ich freue mich über jeden Menschen, der mir zuhört und dem ich zuhören darf.

Es ist okay, nicht extrovertiert zu sein — auch, wenn ich das manchmal gerne wäre — und als introvertierter ein klein wenig dazuzugehören. ;-)

Ich bin ich. Ein Ich, an dem ich auch weiterhin arbeiten möchte.

Versuche deinen eigenen Weg zu finden. Dich mit deinen wunderbaren Ecken und Kanten gibt es schließlich auch nur einmal. Vergleich dich nicht mit anderen Menschen. Komm mit anderen Menschen ins Gespräch. Versuch an dir zu arbeiten — wenn du das willst.

Denn du bist du. Und das ist wunderbar.
— Stephanie Kowalski

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